Sonntag, 4. März 2007
BeDenken(s)Wert
Martin Walser

Kein Mensch kann dir, wenn du gedemütigt wirst, noch nahe sein. Keiner kann es dir da noch recht machen. Es gibt nur die Verfehlung, sonst nichts. Allenfalls noch die Mehroderwenigerverfehlung. Du spürst überscharf: du erträgst keinen mehr. Außer dich selbst. Dich selbst erträgst du nie so gut wie in den Zeiten der Demütigung. Du bist dann wirklich eins mit dir.
....
Wenn allmählich alles zur Verletzung wird, weiß man, dass man falsch eingestellt ist. Das zu wissen nützt nichts. Es ist eine Zusammenarbeit vieler, die nichts von einander wissen.

aus «Tod eines Kritikers».

Geh dann mal in mich, mal schauen was bei rauskommt

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Donnerstag, 1. März 2007
Mann vs. Klavier...
von führenden Frauenverstehern empfohlen:



Dank an Herrn G. aus D. ;-)

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Donnerstag, 25. Januar 2007
Einladung
Es interessiert mich nicht, womit du deinen Lebensunterhalt verdienst. Ich möchte wissen, wonach du innerlich schreist und ob du zu träumen wagst, der Sehnsucht deines Herzens zu begegnen.

Es interessiert mich nicht, wie alt du bist. Ich will wissen, ob du es riskierst, wie ein Narr auszusehen, um deiner Liebe willen, um deiner Träume willen und für das Abenteuer des Lebendigseins.

Es interessiert mich nicht, welche Planeten im Quadrat zu Deinem Mond stehen. Ich will wissen, ob du den tiefsten Punkt deines eigenen Leids berührt hast, ob du geöffnet worden bist von all dem Verrat, oder ob du zusammengezogen und verschlossen bist aus Angst vor weiterer Qual.

Ich will wissen, ob du mit dem Schmerz dasitzen kannst, ohne zu versuchen ihn zu verbergen oder zu mindern oder ihn zu beseitigen.

Ich will wissen, ob du mit Freude dasitzen kannst, ob du mit Wildheit tanzen und dich von der Ekstase erfüllen lassen kannst, von den Fingerspitzen bis zu den Zehenspitzen, ohne dich zur Vorsicht zu gemahnen, zur Vernunft und ohne die Grenzen des Menschseins zu bedenken.

Es interessiert mich nicht, ob die Geschichte, die du erzählst, wahr ist. Ich will wissen, ob du jemand enttäuschen kannst, um dir selbst treu zu sein. Ob du den Vorwurf des Verrats ertragen kannst und nicht deine eigene Seele verrätst.

Ich will wissen, ob du vertrauensvoll sein kannst und von daher vertrauenswürdig.

Ich will wissen, ob du mit dem Scheitern leben kannst und trotzdem am Rande des Sees stehen bleibst und zu dem Silber des Mondes rufst: “Ja!”

Es interessiert mich nicht zu erfahren, wo du lebst und wie viel Geld du hast. Ich will wissen, ob du in der Mitte des Feuers stehen wirst und nicht zurückschreckst.

Es interessiert mich nicht, wo oder was oder mit wem du gelernt hast. Ich will wissen, was dich von innen hält, wenn sonst alles wegfällt.



Oriah Mountain Dreamer – Die Einladung

(Kanada)

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Irischer Segensspruch
An dem Tag, an dem
die Last auf deinen Schultern
unerträglich wird
und du strauchelst,
möge die Erde tanzen,
dir das Gleichgewicht wiederzugeben.

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Pillen gegen die Traurigkeit...
Eines Abends setzte sich ein alter Mann zu mir und erzaehlte:

“Weisst Du, mein Sohn, irgendwann einmal, kurz nach diesem gewaltigen, allerletzten Knall, wenn’s auf der Erde nur mehr grosse, nackte Steine gibt, mit einer fettigen, schwarzen Russschicht bedeckt, wird ein grosses, weisses, strahlendes Raumschiff landen. Irgendwo zwischen dem ehemaligen Los Angeles und dem verdampften Schwarzen Meer.

Und diese fremden, hochgewachsenen Wesen werden Pillen an Bord haben, die sie uns Menschen als Geschenk ueberreicht haetten, so wie man immer, wenn man irgendwelche Wilde besucht, ihnen kleine Geschenke ueberreicht. Pillen gegen die Traurigkeit haetten sie uns geschenkt, wenn wir noch dagewesen waeren.”

“Stell Dir vor, mein Sohn” – sagte der alte Mann ganz traurig – “wunderbare, kleine Pillen gegen die Traurigkeit. Und diese fremden, hochgewachsenen Wesen werden ihr Raumschiff verlassen, sie werden sich umsehen und sofort wissen, dass hier vor kurzem ein gewaltiger, ein allerletzter Knall war. Und dann werden sie sich kopfschuettelnd zwischen die grossen, nackten Steine setzen und schwer durchatmen.

Und jeder von ihnen wird schnell eine Pille gegen die Traurigkeit schlucken. Einer von ihnen wird sogar mit dem Finger in die fettige, schwarze Russschicht an einem grossen, nackten Steine schreiben:

‘Wir haetten so gerne gewusst, wie Du bist! Wie Du aussiehst! Wie Du sprichst! Mensch!’

Und dann ploetzlich wird einer von ihnen was rufen, er wird rufen, dass er was gefunden hat. Und das wird ein alter, verbeulter, kleiner Filmprojektor sein, mit einem eingespannten Film. Ja, warum nicht, sagte der alte Mann. Und sie werden sich freuen, die hochgewachsenen fremden Wesen, sie werden warten, bis es dunkel ist und den Film auf ihr strahlendes, weisses Raumschiff projizieren.

Und sie werden sehr staunen, denn sie werden einen Micky Maus-Film sehen. Einen Micky Maus-Film, mit Donald Duck, Kater Carlo und Goofy. Und diese fremden, hochgewachsenen Wesen werden in ihr Raumschiff steigen und sagen, sie waren lustig, diese Menschen. Sie haben lustig ausgesehen, sie haben lustig gesprochen, wir haetten unsere Pillen gegen die Traurigkeit voellig umsonst ueberreicht.”

Diese Geschichte hat mir der alte Mann erzaehlt. Ich habe nachgedacht und folgende Zeilen aufgeschrieben.

An einem bestimmten Tag, im Jahr 1928, standen sie ploetzlich links, der seine Pflicht tuende Mond, und rechts, die ihre Pflicht tuende Sonne, am selben Himmel gegenueber. Erschreckt starrten sie sich an und in diesem kurzen Schreckensmoment vergassen beide fuer Bruchteile von Sekunden ihre Pflicht zu tun. Die Folgen waren verheerend.

Bitte, dieser Tag sei in alle Ewigkeit verflucht! An diesem Tag wurde die Micky Maus geboren.

(aus 1928 von Ludwig Hirsch)

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